Das Arbeiten mit Belohnung
Das Vorgehen mit Belohnungen ist eine der wirksamsten Erziehungsmethoden, die dir zur Verfügung stehen. Die Menschen lernen ziemlich langsam, weil sie zu sehr mit den Widrigkeiten ihrer seltsamen Lebensart beschäftigt sind. Sie lassen sich leicht ablenken und schwanken zwischen hektischer Tätigkeit und langen Perioden mit seltsamen tranceartigen Zuständen. Damit sie neue Verhaltensmuster lernen, muss man sie ständig belohnen und ermuntern, um den Unterweisungen den nötigen Nachdruck zu verleihen.

Ebenso wie die Strafe (auf die wir später noch zu sprechen kommen) darf auch die Belohnung nur in Massen und mit Bedacht eingesetzt werden. Als besonders nützlich erweisen sich Geschenke, die man nicht nur machen sollte, um eine bestimmte Reaktion auf eine Erziehungsmassnahme zu belohnen. Spontan hin und wieder gemachte Geschenke festigen das enge Band der Gemeinschaft, das für eine dauerhafte und für beide Seiten vorteilhafte Beziehung so überaus wichtig ist. 

Am verbreitesten ist es, seinen Leute eine ganze Maus zu schenken, die man in der Nacht zuvor gefangen hat. Sollte dir das übertrieben erscheinen, genügt auch ein Teil des Kadavers. Es ist nicht nötig, das Geschenk persönlich zu überreichen; eine bewusst zurückhaltende Übergabe ist sogar noch wirkungsvoller. Du kannst das Geschenk einfach an einer strategisch günstigen Stelle hinterlegen, z.B. an der Haustüre, in der Eingangshalle oder in der Küche. Besonders geeignet ist die Treppe, da sie es dann gleich morgens entdecken, wenn sie von den Schlafzimmern im oberen Stockwerk nach unten kommen. Das lässt den Tag so schön aufregend beginnen.

Menschen stellen sich so unglaublich dumm an, wenn sie sich ihre Mäuse selbst fangen sollen und müssen, so ungewöhnlich das auch klingen mag, Zuflucht zu kleinen, zugegebenermassen ziemlich raffinierten Geräten nehmen, um ihre Beute zu fangen. Gerade wegen der grossen Schwierigkeiten, die sie auf diesem Gebiet haben, wird man von der Art ihrer Reaktion auf ein solches Geschenk im Nu mitgerissen. Wenn sie deinen saftigen Leckerbissen entdecken, sind sie, daran gibt es wohl kaum einen Zweifel, zuerst ausser sich vor Freude - wie sollte es auch anders sein. Sie sind so aufgeregt, dass sie mit wahnwitzigem Tempo durch das Haus rennen und schrille, spitze Schreie ausstosssen, aber offensichtlich steckt hinter ihrer Begeisterung mehr als du vielleicht ahnst.

Die Erfahrungen mit der menschlichen Psyche legen tatsächlich die Vermutung nahe, das es nicht freudige Erregung, sondern Wut ist, die diese überzogene Reaktion auslöst. Die Laute und Handlungen eines wütenden Menschen lassen sich kaum von denen eines Menschen unterscheiden, der vor Glück ausser sich ist, und eine falsche Einschätzung kann zur Katastrophe führen. In diesem speziellen Fall ist es durchaus möglich, dass die scheinbar wütende Aufnahme des Geschenks auf ein Gefühl der Minderwertigkeit zurück geht, bedingt durch die eigene Erfolglosigkeit. Das sichtbare Symbol deiner Geschicklichkeit steigert dieses Gefühl noch weiter.

Widerstehe jedoch der Versuchung, zu oft solche Geschenke zu machen. Du läufst sonst schnell Gefahr, dass sie auf deine Hilfe bauen und regelmässig Geschenke erwarten. Schenke aus dem gleichen Grunde auch niemals mehr als einen Gegenstand auf einmal. Der Versuch, sie mit einem ganzen Haufen steif werdender Mäuse zu überraschen, erschöpft dich und überfordert sie. Ihre Erregung wächst offenbar im gleichen Mass wie die Anzahl oder die Grösse der Geschenke, und ein zu grosser Haufen kann zu einem gefährlichen Gefühlsausbruch führen.

Aber selbst, wenn diese wütende Reaktion eintritt, so ist kaum daran zu zweifeln, dass das Geschenk letzlich mit Wohlwollen aufgenommen wird, denn die Maus verschwindet jedes mal früher oder später, meistens ersteres. Lass dich also nicht abschrecken, dieses kleine aber wichtige Ritual auch weiterhin zu zelebrieren.

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